Finanzministerium bereitet Leitfaden vor
Einheitlicher Rahmen für die Vergabe von Planungsaufträgen im Landesbau
Kooperativ und nicht konfrontativ verlief ein Gespräch am 16. August 2017 im Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt. Eingeladen hatte das Ministerium, und es ging um nicht weniger als um den "Leitfaden für die Vergabe von freiberuflichen Planungsleistungen für Landeshochbaumaßnahmen des Bau- und Liegenschaftsmanagements des Landes Sachsen-Anhalt (BLSA)". In dessen Entwurf sind 18 Monate Erfahrung mit dem neuen Vergaberecht eingeflossen.
Im Namen der Architekten- sowie der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt dankte Vizepräsident Conny Eggert ausdrücklich für die Einbeziehung in die Diskussion zu dem Dokument, dessen Hauptadressat das BLSA mit seinen Zweigniederlassungen ist. Die Kammern konnten sich bereits im Vorfeld intensiv mit seinem Inhalt auseinandersetzen, der gleichermaßen für die Oberschwellen- wie für die Unterschwellenvergabe gelten soll. Es war gut, dass die Fragen und Anregungen, die sich durchaus ergeben hatten, nun in einem persönlichen Gespräch erläutert werden konnten.
Positiv wurde übereinstimmend gewertet, dass kleine Büroorganisationen und junge Büros ausdrücklich Erwähnung finden, auch, dass das Honorar bei den Zuschlagskriterien nur max. 10 Prozent einnehmen sowie Leistungsabfragen nach § 77 der VgV zu vergüten sind. Dr. Matthias Kuplich, Justitiar der Architektenkammer, verwies ausdrücklich darauf, dass bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen der Qualitätswettbewerb im Vordergrund stehen muss.
Gesprächsbedarf ergab erneut die Frage der Schwellenwertermittlung, zu der das Finanzministerium für EU-geförderte Vorhaben die Empfehlung ausgesprochen hat, die Summe der Honorare aller Planungsleistungen zugrunde zu legen. Bereits seit einem Jahr können die Differenzen dazu zwischen der Architektenkammer und dem Finanzministeriums nicht ausgeräumt werden. Für Baumaßnahmen des Landes ist jedenfalls ein solches Prinzip nicht vorgeschrieben. Das stellt der Leitfaden zur Beruhigung fest, es gilt die nationale Anwendungsregelung. Der Bezug im Leitfaden zum Zuwendungsrecht erscheint indes systemfremd, das wurde angemerkt.
Die Anregungen der Kammern bezogen sich neben der allgemeinen juristischen Wertung insbesondere auf die Situation ihrer Mitglieder als potenzielle Bewerber. So muss abgesichert sein, dass auch zukünftig sachsen-anhaltische Büros eine Chance auf eine Beauftragung erhalten. In diesem Zusammenhang wiesen die Kammern darauf hin, dass eine Vergabe von Leistungen an Generalplaner die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme bleiben soll. Die loseweise Vergabe von Planungsaufträgen ist auch aus Sicht des Ministeriums geboten. Sie sichert den Bieterschutz und berücksichtigt die Bürostruktur in Sachsen-Anhalt.
Der in der Vergabeverordnung (VgV) angegebene Referenzzeitraum von drei Jahren wurde von den Berufsstandvertretern als wirklichkeitsfremd kritisiert. Eine Erweiterung auf mindestens fünf bestenfalls zehn Jahre wäre wünschenswert. Empfehlungen gibt der Leitfaden auch beispielhaft zu Kategorien der Referenzen, hier bleibt zu hoffen, dass die Anwender angebotene Spielräume ausloten.
Ganz wichtig war es darzustellen, dass die Zuschlagskriterien angemessen und auf die
Planungsaufgabe zugeschnitten sein müssen. Bei den Wettbewerben wurde der Hinweis auf die notwendige Beteiligung der Kammern angeregt.
Hinterfragt wurden die umfangreichen Ausführungen zur Prüfung der Binnenmarktrelevanz an prominenter Stelle im Bereich der Regelungen zum Unterschwellenbereich. Nach Auffassung der Kammern sollte eine Angsthaltung nicht provoziert werden. Die Anwesenden baten darum, das Risiko nicht auf die Bewerber zu verlagern. Um Dumping-Angebote zu vermeiden, ist die Angabe der Honorarzone sowie Hinweise zu verarbeitende Bausubstanz notwendig. Eine qualitativ hochwertige Aufgabenbeschreibung ist erforderlich.
Architekten und Ingenieurkammer verfolgen gemeinsam das Ziel, eine vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung sowie dem Finanzministerium unterstützte Empfehlung zu den Höhen der Stundensätze für Architekten und Ingenieure herauszugeben. Darüber wurde im Rahmen des Gespräches informiert.
Das Ministerium für Finanzen geht davon aus, dass der Leitfaden in einem überschaubaren Zeitraum überarbeitet wird und dann als Handlungsanweisung an das Bau- und Liegenschaftsmanagement (BLSA) zugestellt wird. Die Klärung vieler Einzelfragen wurde von allen Beteiligten als zielführend eingeschätzt und so war das Fazit aller: Es war ein fruchtbarer Dialog.
Am Gespräch nahmen teil: Steffen Volk, Referatsleiter Finanzministerium des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Saraday, Finanzministerium des Landes Sachsen-Anhalt, Conny Eggert, Vizepräsident der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt, Dr. Matthias Kuplich, Justitiar der Architektenkammer Sachsen-Anhalt, und Petra Heise, Geschäftsführerin der Architektenkammer Sachsen-Anhalt.