e-Vergabe bei öffentlichen Aufträgen nach EU-Vergaberecht
Ab dem 18. Oktober 2018 müssen öffentliche Auftraggeber und Bieter jedes Vergabeverfahren, das oberhalb der EU-Schwellenwerte angesiedelt ist, elektronisch führen. Von da an dürfen öffentliche Auftraggeber nur noch elektronische Angebote und Teilnahmeanträge entgegennehmen und berücksichtigen. Mit der europäischen Richtlinie 2014/24/EU ist die e-Vergabe seit dem 26. Februar 2014 verbindlich vorgeschrieben. Die Bundesregierung hatte bis zum 18. April 2016 Zeit, diese EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Nach der Übergangsfrist von 30 Monaten, tritt die e-Vergabe-Pflicht nun ab dem 18. Oktober 2018 in Kraft.
Für wen wird die e-Vergabe ab Oktober 2018 Pflicht?
Gemäß EU-Vergaberichtlinie sind öffentliche Aufträge bereits seit 2014 elektronisch auszuschreiben. Momentan gilt eine Übergangsregelung, die herkömmliche Verfahren gestattet. Ab Oktober 2018 wird die e-Vergabe das einzig zugelassene Verfahren sein, so zumindest bei großen Auftragssummen.
Diese werden vorrangig bei Aufträgen von Bund, Ländern, Kommunen und öffentlichen Institutionen generiert. Für ungefähr 350 Milliarden Euro pro Jahr werden Aufträge durch öffentliche Auftraggeber vergeben, das sind 12,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts.
Um bei dieser nicht unwesentlichen Größenordnung eine einheitliche, transparente Auftragsvergabe sicherzustellen und Vergaben oder Zuschläge aus sachfremden Gründen vorzubeugen, macht das Vergaberecht auf europäischer Ebene konkrete Vorgaben. Die Formalien sind klar definiert, ebenso die vergaberechtlichen Überprüfungsmöglichkeiten für Bieter, die nicht zum Zuge gekommen sind und sich in ihren Rechten verletzt fühlen.
Die neuen EU-Vergaberichtlinien sind seit April 2014 schrittweise in nationales Recht umgesetzt worden. Wesentlicher Regelungspunkt ist, dass Vergabeverfahren elektronisch durchgeführt werden müssen, was bisher nur optional der Fall war. Die jeweilige Vergabestelle konnte sich also zwischen einem elektronischen und einem herkömmlichen Vergabeverfahren entscheiden.
Wann ist eine e-Vergabe verbindlich anzuwenden?
Ausschlaggebend für die diese Entscheidung ist die Auftragssumme. Ab 18. Oktober 2018 wird die vollständig elektronische Vergabe für alle Vergabestellen im sogenannten Oberschwellenbereich verbindlich. Die Angebotsabgabe sowie Zusage- und Absagemitteilungen haben ausschließlich auf elektronischem Wege zu erfolgen. Schon seit Januar 2018 gelten dafür folgende Schwellenwerte, die festlegen, wann ein Auftrag überhaupt EU-weit öffentlich ausgeschrieben werden muss:
- Bauaufträge über 5.548.000,00 Euro
- Liefer- und Dienstleistungsaufträge über 221.000,00 Euro
Ausschreibungs- und Vergabeverfahren für diese Aufträge müssen ab diesem Termin ausschließlich elektronisch verlaufen.
Zwar gilt die Einführung der e-Vergabe künftig auch im sogenannten Unterschwellenbereich, also bei allen anderen Aufträgen der öffentlichen Hand unterhalb der Schwelle, doch dabei sind andere Fristen vorgesehen. Die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) gilt nur für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen, nicht für Bauaufträge. Zudem muss sie von den einzelnen Bundesländern in Deutschland noch durch entsprechende landesrechtliche Anpassungen umgesetzt werden. So müssten öffentliche Auftraggeber, sofern im jeweiligen Bundesland die UVgO umgesetzt wurde, ab 1. Januar 2019 die Einreichung von rein elektronischen Angeboten akzeptieren. Dies bedeutet, dass diese Auftraggeber ab diesem Zeitpunkt eine elektronische Vergabeplattform eingerichtet oder eine andere interne Lösung geschaffen haben müssen. Bis dahin darf der Auftraggeber auch noch die Papierform vorschreiben. Erst ab 1. Januar 2020 ist die e-Vergabe auch im Bereich der nationalen Vergaben grundsätzlich verpflichtend.
Keine Regel ohne Ausnahmen
Liegt der Auftragswert nicht über 25.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) oder kommt eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb oder eine Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb zum Tragen, ist auch dann kein elektronisches Verfahren verpflichtend anzuwenden.
Bei öffentlichen Ausschreibungen für Bauverträge, die unterhalb der EU-Schwellenwerte liegen, müssen bis zum 17. Oktober 2018 Angebote in Briefform akzeptiert werden. Danach kann der Auftraggeber die Übersendung der Angebote in Textform oder mit elektronischer Signatur verlangen. Derzeit ist allerdings - soweit bekannt - nicht geplant für diese Bauverträge die Auftraggeber ab einem bestimmten Zeitpunkt zur e-Vergabe zu verpflichten.
Auf jeden Fall werden die elektronischen Verfahren künftig Normalität werden, unbedingt für diejenigen, die in diesem Bereich jetzt schon tätig sind. Das ist auch ein Vorteil für Auftragnehmer, die sich frühzeitig mit elektronischen Vergabeverfahren beschäftigen. Es kann prognostiziert werden, dass die e-Vergabe auch in anderen Bereichen Einzug halten wird. Aus der Praxis ist indessen zu hören, dass das Ziel einer Umstellung fast aller Vergabeverfahren auf die elektronische Form noch weit in der Zukunft liegt, da vor allem noch infrastrukturelle und wettbewerbsrechtliche Fragen geklärt sein müssen.
Vorteile der e-Vergabe
Denn die Vorteile digitaler Vergabeverfahren liegen auf der Hand. Die e-Vergabe soll vor allem Papier, Zeit und Geld sparen. Ausschreibungsprozesse würden insgesamt schneller laufen, weil das Verfahren standardisiert und rechtssicherer über die Software abgebildet werden kann. So können beispielsweise Angebotsdaten automatisch berechnet, Abläufe präziser überwacht werden.
Die Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten, also der Vergabestelle und den Bietern, erfolgt über Online-Vergabeplattformen. Darüber wird zunächst die Bekanntmachung einer Ausschreibung elektronisch übermittelt. Potenzielle Bieter können über die Plattform die Auftragsunterlagen abrufen sowie ihre Angebote elektronisch einreichen. Dort erhalten sie nach Abschluss des Verfahrens dann auch die Zu- oder Absage für das eingereichte Gebot.
Der Auftraggeber kann sich durch das Verfahren führen lassen, das dadurch für ihn transparenter und effizienter wird. Fehlerquellen werden somit minimiert. Das trifft auch für die Bieter-Seite zu. Bieter können softwaregeführt ihre vollständigen elektronischen Angebote quasi bis zur letzten Minute der laufenden Angebotsfrist abgeben, ohne mit dem Risiko einer verspäteten Zustellung rechnen zu müssen.
Experten werten das elektronische Vergabeverfahren als großen Fortschritt, es reiht sich folgerichtig in den Trend einer digitalen Abwicklung von Verfahren und Prozessen mit all seinen Vorteilen ein. Die Digitalisierung der Vergabe ist eigentlich ein längst überfälliger und wichtiger Schritt hin zu deutlich schlankeren und effizienteren Verfahren. Durch die digitale Vergabe reduziert sich der Aufwand für Behörden und Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben.
Ein weiterer sinnvoller Schritt wäre, so meinen viele Beteiligte an Ausschreibungsverfahren, das noch sehr komplexe Vergaberecht an sich zu verschlanken. So gelten, wie bereits erwähnt, in Bund und Ländern erst einmal weiterhin teils unterschiedliche Regelungen für EU-weite und nationale Vergabeverfahren.