HOAI im Mittelpunkt der AHO-Herbsttagung 2019
Bundesregierung bekennt sich zum Erhalt der HOAI als Rechtsverordnung
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs EuGH vom 4. Juli 2019 zu den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI stand im Fokus der diesjährigen AHO-Herbsttagung am 19. November 2019 vor mehr als 170 Teilnehmern im Auditorium Friedrichstraße in Berlin.
Der Unterabteilungsleiter für Bauwesen und Bauwirtschaft im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Ministerialdirigent Lothar Fehn Krestas, betonte in seinem Grußwort die Einigkeit der Bundesministerien, die HOAI als Rechtsverordnung auch zukünftig erhalten zu wollen. Er hob die wichtige Funktion der HOAI auch über die Vorgabe der verbindlichen Mindest- und Höchstsätze hinaus für die Sicherung einer hohen Planungs- und Bauqualität im Sinne des Verbraucherschutzes hervor. Mit dem Erlass vom 5. August 2019 habe das BMI für die Übergangszeit bis zum Abschluss des Rechtsetzungsverfahrens zur Anpassung der HOAI umgehend reagiert und bewusst nur die europarechtlich erforderlichen Änderungen vorgegeben. Die insoweit notwendigen vertraglichen Anpassungen eröffnen die Möglichkeit eines Zu- oder Abschlags, behalten aber ansonsten die Systematik der Honorarermittlung gemäß der HOAI bei. Insbesondere hebt der Erlass des BMI den Grundsatz des Leistungswettbewerbes (§ 76 VgV) hervor. Angesichts des überschaubaren Zeitraums und im Hinblick auf das gemeinsame primäre Ziel, die HOAI als Rechtsverordnung zu erhalten, steht das Anliegen des BMI im Vordergrund, die rechtlichen Änderungen auf die zur Umsetzung des EuGH-Urteils notwendigen Änderungen zu konzentrieren. In Umsetzung dieses Ziels setzt Fehn Krestas auch zukünftig auf die bewährte Zusammenarbeit mit dem AHO als wichtigen Gesprächspartner der Bundesregierung für diesen Prozess.
Der AHO-Vorstandsvorsitzende Dr.-Ing. Erich Rippert machte deutlich, dass mit dem Luxemburger Urteil nicht das Ende der HOAI verbunden ist. Die meisten Regelungen bleiben von dem Urteil unberührt. Insbesondere die Leistungsbilder und die Regelungen zur Ermittlung des Honorars haben sich als wertvolles Gerüst und Grundlage für das Planen und Bauen in Deutschland über mehr als 40 Jahre hinweg etabliert. Sie bilden einen rechtssicheren Rahmen für Auftraggeber und Auftragnehmer. Es gelte nun, die HOAI kurzfristig und systematisch an die Vorgaben des EuGH anzupassen, und den notwendigen rechtlichen Rahmen für Vereinbarungen der Parteien weiterhin sicherzustellen.
Die Verbände und Kammern der Architekten und Ingenieure haben in einem gemeinsamen Positionspapier ihre Vorstellungen zur schrittweisen Anpassung der HOAI vorgelegt. In einem ersten Schritt soll die HOAI am Beispiel eines Modells der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) angepasst werden. Im Vordergrund steht dabei die vertragliche Vereinbarung der Parteien. Sofern nicht etwas anderes von den Parteien festgelegt wird, soll künftig der Regelsatz (Mittelsatz) als vereinbart gelten. Ferner soll das vereinbarte Honorar angemessen sein. Diese Anpassung soll möglichst kurzfristig erfolgen und im Jahr 2020 abgeschlossen werden.
In einem weiteren Schritt geht es darum, die rechtlichen Lücken zur Beseitigung der vom EuGH festgestellten Inkohärenz durch entsprechenden Nachweis der fachlichen Eignung zu schließen, um so möglichst eine Wiederherstellung der Verbindlichkeit der Mindestsätze zu erreichen.
Ministerialrat Dr. Thomas Solbach vom federführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ließ in seinem Vortrag die wesentlichen Grundzüge des EuGH-Urteils zur HOAI Revue passieren und skizzierte den Weg zu den notwendigen Anpassungen im deutschen Recht. So seien neben Anpassungen der HOAI auch Veränderungen der zugrundeliegenden Ermächtigungsgrundlage für die HOAI (Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen) erforderlich. In dem notwendigen Rechtsetzungsverfahren sollen, abgesehen von den verbindlichen Honorarsätzen, die übrigen Vorgaben der HOAI soweit wie möglich beibehalten werden. Verschiedene Fragen zur Ausgestaltung im Detail befinden sich derzeit in der Diskussion und werden mit den fachlich Beteiligten, darunter auch AHO, Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer intensiv diskutiert. Er stimmte zu, dass die notwendigen Anpassungen im kommenden Jahr 2020 umgesetzt werden sollen.
Denkanstöße zur zukünftigen Honorierung von Planungsleistungen gab Professor Dr.-Ing Clemens Schramm, der das wirtschaftliche Gutachten zur Rechtfertigung der HOAI im EU-Vertragsverletzungsverfahren erstellt hat. Er ging auf verschiedene Ansätze zur zukünftigen Honorierung ein. So könnte die Berücksichtigung von Objekt- und Projektkomponenten im Ergebnis zu einer Leitkurve führen, die sich am mittleren Honorarsatz der HOAI orientiert und die Grundlage für die Ermittlung des Aufwandes im Einzelfall bildet. In jedem Fall muss der Zusammenhang zwischen Honorar und Qualität beachtet werden, wie das insbesondere der Europäische Gerichtshof in seinen Entscheidungsgründen betont hat.
Ein weiterer Höhepunkt der Tagung war der Vortrag von Rechtsanwalt Professor Dr. Burkhard Messerschmidt (Redeker Sellner Dahs, Bonn), der insbesondere auf die Folgen des EuGH-Urteils für laufende Verträge und Verfahren und die derzeit divergierende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur weiteren Berücksichtigung der HOAI-Mindestsätze einging. Hier werde der Bundesgerichtshof das letzte Wort haben. Mit einer höchstrichterlichen Entscheidung sei aber frühestens Mitte 2020 zu rechnen.
Wie in jedem Jahr wurden im Rahmen der AHO-Herbsttagung die wesentlichen Ergebnisse der von AHO, Verband Beratender Ingenieure (VBI) und Bundesingenieurkammer beim Institut für Freie Berufe (IFB) beauftragten Jahresumfrage „Wirtschaftliche Lage der Ingenieure und Architekten" für das Jahr 2018 vorgestellt.
Der AHO-Vorstandsvorsitzende konnte ein überwiegend positives Bild der momentanen wirtschaftlichen Situation von Ingenieur- und Architekturbüros zeichnen. Dies verdeutlichen nicht zuletzt die nach wie vor stabilen Umsätze und Renditen, auch wenn diese wegen der teilweise inhomogenen Struktur der beteiligten Planungsbüros unterschiedlich ausfallen. Planungsleistungen werden weiterhin stark nachgefragt. So beträgt der Auftragsbestand der Ingenieurbüros durchschnittlich 9 Monate, bei Architekturbüros sind es sogar 11,4 Monate.
Ungebrochen ist auch die Nachfrage nach fest angestellten Ingenieuren und Architekten. So gaben mehr als die Hälfte der befragten Ingenieurbüros (54,8 %) einen höheren Personalbedarf an fest angestellten Ingenieuren an. Bei 52,6 % der Architekturbüros wird ein zusätzlicher Bedarf an Architekten gemeldet. Dem gegenüber ist es derzeit schwierig, Ingenieurabsolventen für die Arbeit in Planungsbüros zu gewinnen. Im direkten Vergleich der Ingenieurberufe liegen die am Bau tätigen Ingenieure im untersten Bereich des Gehaltsrankings. Hier gibt es bei den Gehältern deutlichen Nachholbedarf. Dies setzt für Planungsbüros auskömmliche Honorare voraus, die keinesfalls unter den Mindestsätzen der HOAI liegen dürfen. Andernfalls wird es für Auftraggeber und Ingenieurbüros schwierig, für die anstehenden Herausforderungen im Wohnungsbau aber auch im Infrastrukturbereich das notwendige Fachpersonal zu finden. Die gesamten Ergebnisse der Jahresumfrage und weitere Informationen sind unter www.aho.de abrufbar. Dort finden Sie auch den AHO-Stundensatzrechner.
Verantwortlich:
Ronny Herholz, Geschäftsführer
AHO, Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und
Architekten für die Honorarordnung e.V.
Tauentzienstraße 18
10789 Berlin
Tel.: +49 30 3101917-0
aho@aho.de
www.aho.de
Pressemitteilung AHO vom 21.11.2019