Auf dem Weg für eine dienstleistungsorientierte und für jedermann zugängliche Verwaltung - Digitalisierung der Baugenehmigungsverfahren in Sachsen-Anhalt
Bis zum Jahr 2022 sollen Bund, Länder und Kommunen alle Verwaltungsleistungen in Deutschland über Verwaltungsportale auch digital anbieten und diese Portale zu einem Verbund verknüpfen. Rechtliche Grundlage hierfür ist das im August 2017 in Kraft getretene „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen" (OZG). Der Bund befördert gemeinsam mit den Ländern Mecklenburg-Vorpommern (federführend), Bayern und Baden-Württemberg, interessierten Kommunen und der Leitstelle XPlanung/XBau in Hamburg in diesem Zusammenhang den durchgängig digitalen Bauantrag sowie die vollständige Digitalisierung der Bauleitplanung.
Für den Bauherrn bedeutet ein durchgängig digitaler Bauantrag Zeit- und Kostenersparnisse. Für die bearbeitende Behörde ergibt sich perspektivisch eine höhere Effizienz im Personaleinsatz bis hin zum Auffangen von Belastungsspitzen, da weitere bei der Genehmigung zu beteiligende Behörden digital und auch für den Antragssteller transparent in das Genehmigungsverfahren eingebunden werden können. Derzeit wird ein „Digitales Muster-Baugenehmigungsverfahren" erarbeitet, der künftig für die flächendeckende Prozessdigitalisierung dienen soll. Die Zuständigkeit bei der Durchführung von bauaufsichtlichen Verfahren wie Baugenehmigungsverfahren liegt bei den Ländern.
Im Juli 2019 haben in Sachsen-Anhalt der Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund gemeinsam mit dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr auf Initiative des BIM-Clusters die Informationsveranstaltung „Digitalisierung der Baugenehmigungsverfahren in Sachsen-Anhalt" durchgeführt. Statements aus Sicht der Bauvorlageberechtigten durch Vertreter der Ingenieur- und Architektenkammer wurden vorgetragen.
Die weitere Einbeziehung in den Umsetzungsprozess „Digitaler Bauantrag" im Land sicherten Dr. Sebastian Putz, Staatssekretär im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr, und die Oberste Bauaufsicht dem Sprecher des BIM-Clusters Sachsen-Anhalt, Dr. Rainer Berger, und Stefanie Samtleben vom Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0 Planen und Bauen - TZ Ost im Arbeitsgespräch am 13. September 2019 zu.
Der Entwurf der Modellierungsrichtlinie für den BIM-basierten Bauantrag der planen-bauen 4.0 als „Konzept für die nahtlose Integration von Building Information Modeling (BIM) in das behördliche Bauantragsverfahren" liegt vor.
Ein Bauantrag muss in der Regel von einer nach LBO bauvorlageberechtigten Person eingereicht werden. Die Ingenieur- und die Architektenkammern der Länder führen dafür die entsprechenden Nachweislisten. Aktuell erfolgt die Überprüfung, ob der Antragsteller bauvorlageberechtigt ist oder nicht, durch einen Abgleich über die online verfügbaren Listen bei den zuständigen Kammern oder in Form einer mündlichen oder schriftlichen Anfrage seitens der Genehmigungsbehörde. In gleicher Weise gilt dies auch für die weitere Führung der objektbezogenen digitalen Bauakte, wenn im weiteren Bauprozess zusätzliche bauordnungsrechtlich geforderte Unterlagen oder Nachweise erforderlich werden, deren qualifizierte Erstellung durch weitere Nachweisberechtigte, Prüfsachverständige oder staatlich anerkannte Sachverständige ebenfalls gesetzlich normiert ist.
In einem digitalen Bauantragsverfahren wird zur Vermeidung von Medienbrüchen gegenwärtig im BIM-Cluster Sachsen-Anhalt überlegt, wie die in den Kammern geführten Informationen nach dem OZG sinnvoll, praktikabel und - vor allem - automatisiert in den Gesamtprozess eingebunden werden können.
Eine stärkere und möglichst durch digitale Prozesse unterstützte, intensivere Überprüfung der Bauvorlageberechtigten, weiterer Nachweisberechtigte, Prüfsachverständige oder staatlich anerkannte Sachverständige ist wünschenswert. Sie dient dem Verbraucherschutz und damit auch den hoheitlichen Aufgaben der Kammern. Der Bauvorlageberechtigte haftet für seine Bauvorlagen, die verbraucherschützenden Berufspflichten (Fort- und Weiterbildung, Berufshaftpflicht-Versicherung) sind von ihm zu befolgen.
Mit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit und Beiträgen auf Fachtagungen unterstützt das BIM-Cluster Sachsen-Anhalt die Diskussion um die Fortschreibung der Digitalen Agenda des Landes um die Digitalisierung der klein- und mittelständischen Bauwirtschaft mit der Maßnahme „Building Information Modeling". Ministerialdirigent Prof. Dr. Klaus Kummer FRICS, Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, Leiter der Abteilungen Verkehr und Straßenbau sowie Geoinformation und Demografie, unterstützte in seinem Diskussionsbeitrag zur 8. Digitalisierungskonferenz im November 2019 dieses Anliegen.
Dr. Rainer Berger