Kleine Bauvorlageberechtigung - Ingenieurkammer und Architektenkammer: "Die Verbraucher müssen geschützt werden"
Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt und Architektenkammer Sachsen-Anhalt lehnen die Einführung einer „kleinen Bauvorlageberechtigung" im Entwurf der Änderung der Landesbauordnung ab und fordern den Schutz der Verbraucher.
Anfang Mai wurde der Gesetzesentwurf zur Änderung der Landesbauordnung in einer ersten Lesung im Landtag vorgestellt. Darin ist auch die Bauvorlageberechtigung für Handwerksmeister und Techniker einiger Baubereiche enthalten. Die sogenannte „kleine Bauvorlageberechtigung" soll es Meistern und Technikern ermöglichen, Bauvorlagen für einen eingeschränkten Katalog von Baumaßnahmen zu erstellen, wie beispielsweise für Ein- und Zweifamilienhäuser oder eingeschossige Gewerbebauten, ohne einen Architekten oder Bauingenieur hinzuziehen zu müssen. Die „kleine Bauvorlageberechtigung" greift vor allem für Vorhaben privater Bauherren, die als Laien in der Regel nur einmal bauen. Die Kammern sehen damit verbundene Probleme insbesondere beim Verbraucherschutz. Sie fordern die Änderung des Gesetzesentwurfs.
Ein Problem ist offensichtlich. Bereits bei der Beratung des Bauherrn und der Erstellung der Planungsgrundlagen, aber erst recht bei der Frage der Überwachung und Abnahme der Bauleistungen treten für einen Bauhandwerker, der zugleich plant und ausführt, Interessenskonflikte auf, die im Zweifel zulasten des Verbrauchers gehen. Ein weiteres Problem ist die Haftungsfrage bei Planungsfehlern. Handwerker und Techniker unterliegen nach dem jetzigen Entwurf keiner Versicherungspflicht. „Das muss geändert werden. Private Bauherren müssen objektiv beraten und vor Verlusten geschützt werden", sagt Ingenieurkammer-Präsident Dipl.-Ing. Jörg Herrmann. „Für Handwerksmeister und Techniker muss wie für Ingenieure und Architekten eine Pflicht zum Versicherungsschutz gesetzlich verankert sein. Alles andere führt außerdem zu einer Wettbewerbsverzerrung."
Der Präsident der Architektenkammer Prof. Axel Teichert sieht in der Einführung der kleinen Bauvorlageberechtigung einen entscheidenden Fehler in der Politik der Regierungsfraktionen. 30 Jahre nach der Etablierung der freien Berufe und des Architekten- und des Ingenieurgesetzes wird ein Weg beschritten, für den es nach seiner Ansicht keine objektive Notwendigkeit gibt. „In Zeiten der wachsenden Komplexität des Bauens ist die ‚kleine Bauvorlageberechtigung&lsquot; für Handwerker und Techniker" ein falsches Signal und ein Schritt rückwärts! Dass die von beiden Kammern in einer ersten Anhörung vorgebrachten Argumente ohne jede Wirkung geblieben sind, und dass jetzt auf eine weitere Beratung durch Experten ohne Not verzichtet wird, ist unverständlich. Verbraucher geraten als Spielball der Politik ins Abseits zwischen Handwerk und planenden Berufen. Der Bau des Traumhauses darf für Bauwillige nicht zu einem Alptraum werden."