Deutscher Ziegelpreis 2021: Würdigung der Preisträger
Bereits zum fünften Mal seit 2011 lobte das Ziegel Zentrum Süd e.V. den Deutschen Ziegelpreis unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) bundesweit aus. Der Deutsche Ziegelpreis 2021 wird unterstützt durch die Bayerische Architektenkammer als Kooperationspartner sowie die ideellen Partner Bundesarchitektenkammer, Bundesingenieurkammer, Landesverbände BDA Baden-Württemberg/Hessen/Rheinland-Pfalz, Fachverband Hoch- und Massivbau im Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Ab 2021 übernimmt der Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e.V. sämtliche Aufgabenfelder des Ziegel Zentrum Süd e.V.
Bei der Verleihung des Deutschen Ziegelpreises 2021 wurden zwei Hauptpreise, fünf Sonderpreise und zehn Anerkennungen für herausragende Architektur in Ziegelbauweise vergeben. Die renommierte Jury würdigt die Preisträger für ihre herausragenden Arbeiten.
(Berlin/München, 15. Februar 2021) Unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) sowie in Kooperation mit vielen weiteren Partnern lobte der Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie den Deutschen Ziegelpreis 2021 aus. In der einstündigen Verleihung, die am 12. Februar online stattfand, überreichte Dr. Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Ziegelindustrie e.V., die Preise virtuell an alle Preisträger, ebenso erfolgten die Präsentation und Würdigung der Projekte.
Die beiden Hauptpreise, mit jeweils 5.000 Euro dotiert, gingen an Diezinger Architekten aus Eichstätt für den beeindruckenden und doch zugleich unprätentiösen Ersatzneubau des Rathauses in Dorfen sowie an das ungewöhnliche, präsente Wohn- und Geschäftshaus Stylepark am Peterskirchhof in Frankfurt am Main von NKBAK, ebenfalls Frankfurt am Main. Im Folgenden werden alle Haupt- und Sonderpreisträger mit Jurybegründung aufgelistet sowie die zehn Anerkennungen der diesjährigen Preisverleihung:
Hauptpreise „Monolithische Bauweise": Rathaus mit Sitzungssaal, Dorfen
Architekten: Diezinger Architekten, Eichstätt
Bauherr: Stadt Dorfen
Jurybegründung: Die Jury - unter Vorsitz von Architekt Volker Kurrle - würdigt die subtile Fügung und den Reichtum der einfachen Fassadengestaltung. Auf engstem Raum fügt sich der Ersatzneubau beeindruckend unaufgeregt in die Umgebung ein. Das zeitgemäße und klar gezeichnete Bauwerk überzeugte die Jury, indem es gekonnt, zwischen den unterschiedlich hohen Bürgerhäusern zu vermitteln vermag. Mit dem abgestuften Baukörper gelingt es trotz der beengten Lage, Ansprüchen wie der Ästhetik, Individualität und Qualität eines öffentlichen, repräsentativen Gebäudes nachzukommen. Ruhig und präzise ist die ausgewogen proportionierte Putzfassade. Ihre Kratzputzstruktur korrespondiert sehr gut mit den benachbarten Fassadenoberflächen. Die Fensteröffnungen sind rhythmisch platziert und sorgfältig mit schrägen Laibungen gestaltet, welche Blickbezüge zum nahe gelegenen Marktplatz ermöglichen. Durch tief in der Ebene liegende Fenster, Nachtauskühlungselemente aus eloxiertem Aluminiumlochblech und dezent abgesetzte Putzfaschen gewinnt die Fassade an Lebendigkeit und Plastizität. Die dicken, monolithischen Ziegelaußenwände des viergeschossigen Gebäudes unterstreichen die Architekturhaltung des Entwurfsgedankens, erfüllen die Anforderungen an Effizienz sowie Nachhaltigkeit und - für ein Rathaus durchaus von Bedeutung - auch an Langlebigkeit.
Hauptpreise „Mehrschalige Bauweise": Stylepark-Neubau am Peterskirchhof, Frankfurt am Main
Architekten: NKBAK, Frankfurt am Main
Bauherr: Stylepark AG
Jurybegründung: Ein dreigeschossiger Anbau in einem Hinterhof mitten in Frankfurt - unten wird gearbeitet, oben gewohnt. Mit der baulichen Ergänzung wurden die Ausnutzungsreserven des Grundstücks ausgeschöpft und gleichzeitig die räumlichen Verbindungen für die Büronutzung des Eigentümers deutlich verbessert. Ungewöhnlich dabei ist die Präsenz, die das Hofhaus auf der Rückseite entwickelt. Hier zeigt sich der schmucke Baukörper als kubische Skulptur und grenzt direkt an die Friedhofsmauer des kulturhistorisch bedeutsamen Peterskirchhofs an, die einen wesentlichen Impuls für den architektonischen Entwurf liefert: Die Autoren lassen den Neubau gewissermaßen aus dieser Mauer herauswachsen, so baut das Neue - ganz wörtlich - auf dem Bestehenden auf. Die Fassadentextur des Neubaus schließt ohne Berührungsängste an die jahrhundertealten Steinschichten an. Der diffizile Übergang wurde mit einer stillen Behutsamkeit gemeistert, die nachhaltig begeistert. Dahinter steht eine ganze Reihe technischer und gestalterischer Besonderheiten: Für die tragenden Außenwände wurden großformatige Ziegel gewählt, während das Sichtmauerwerk aus verschiedenen Steinformaten horizontal geschichtet ist, um die textile Haptik des Verbandes herauszuarbeiten. Auch in der Abstimmung der Farbigkeit wurde der „Ton" überaus gut getroffen, sodass sich der Neubau wie selbstverständlich in die Umgebung einblendet. Beispielhaft wird vorgeführt, wie es mit dem Baustoff Ziegel gelingen kann, verschiedene Zeitschichten miteinander in Verbindung zu bringen. Am Ende sieht es ganz leicht aus. Alt und Neu sind nahtlos miteinander verwoben, so dass man nichts mehr wegnehmen oder hinzufügen möchte.
Fünf Sonderpreise:
Fünf beachtenswerte Einreichungen überzeugten die Jury als Sonderpreise in den Kategorien „Einfach Bauen", „Quartier" „Geschosswohnungsbau", „Nachwuchs" und „Bauen im Bestand". Die Förderung des Nachwuchses nimmt beim Deutschen Ziegelpreis immer einen Schwerpunkt ein.
Sonderpreis „Nachwuchs": Ziegelschale Nottuln
Planer: Hochschule Trier, M.A. Christoph Heib
Bauherr: Hagemeister Klinkerwerk
Jurybegründung: Bei den drei Projekten, die für einen Nachwuchspreis infrage kamen, entschied sich die Jury einstimmig für das Projekt des Fachbereiches Architektur der Hochschule Trier. Fließende, organische Formen und das Material Klinker finden in diesem 5 auf 7 Meter großen und knapp 5 Meter hohen Ausstellungspavillon zueinander - eine Kombination, die mit einigen statischen Herausforderungen verbunden ist. Die Studierenden, allen voran der dafür verantwortlich zeichnende Architekt Christoph Heib mit Unterstützung von Prof. Dr. Peter Böhm und dem Bildhauer Martin Kleppe, stellten sich der Aufgabe, für eine besondere Verwendung des Werkstoffs Klinker besondere Maßnahmen zu entwickeln. Die Leichtigkeit des hyperbolischen Paraboloids, der mit einer Materialstärke von nur 7 Zentimetern auskommt, überrascht und besticht durch die skulptural wirkende Form gleichermaßen. Gelobt wurde von der Jury ausdrücklich, dass Studierende sich diesem Aufgabenfeld wieder vertieft widmen.
Sonderpreis „Einfach Bauen": Haus Chausseestraße 48a, Berlin
Architekten: Wietersheim Architekten, Berlin
Bauherr: privat
Jurybegründung: Das siebengeschossige Wohnhaus bildet den Kopfbau einer Zeilenbebauung der Nachkriegszeit. Die Tragstruktur des Gebäudes ist nach außen deutlich ablesbar. Durch eine leichte Verschiebung der monolithischen Ziegelwandelemente zueinander wird mit sehr einfachen Mitteln eine gewisse Tektonik in der Fassade erreicht, die durch differenzierte Putzoberflächen zusätzlich an Tiefe gewinnt und Akzente setzt. Je Regelgeschoss gibt es zwei klar gegliederte Wohnungen, die sowohl über die Nordost- als auch über die Südwestfassade belichtet und besonnt werden. Im Sinne von „Einfach Bauen" wurde konsequent auf alles verzichtet, was nicht zwingend erforderlich ist: Elemente wie Stürze, Brüstungen, Rollläden oder Sonnenschutz. Der Rohbau bildet nicht nur die Grundstruktur des Gebäudes, er ist darüber hinaus gestaltprägend. Auch die Innenräume überzeugen durch einen reduzierten Materialeinsatz. Durch die zweiseitige Belichtung und die geschosshohen Fenster haben die Wohnungen - trotz der gegebenen Gebäudetiefe - eine hervorragende Qualität. Die Arbeit überzeugt durch ihre reduzierte Eleganz und bildet mit ihrer Einfachheit ein zukunftsweisendes Modell.
Sonderpreis „Quartier": Inn.Viertel - Areal der ehem. Innstadt-Brauerei, Passau
Architekten: PASEL-K Architects, Berlin, zusammen mit Friedl und Partner Architekten, Passau
Bauherr: Innstadt Brauhaus Projekt, Passau
Jurybegründung: Das Projekt Inn.Viertel ist eine im Wortsinn außergewöhnlich unspektakuläre Transformation einer Industriebrache auf dem südlichen Flussufer des Inn, direkt gegenüber der Passauer Altstadt. Wie ein Passstück liegt das Ensemble mit hoher Funktionsmischung zwischen dem Kapuzinerplatz, den denkmalgeschützten Altbauten der ehemaligen Brauerei und einigen neuen Stadtvillen am Fuß der Wallfahrtskirche Mariahilf, es formt eine Schwelle zwischen der Stadt und dem umgebenden Landschaftsraum. Die mäandrierende Figur thematisiert das Paradox der kleinteiligen Großform, die unterschiedliche Hofräume bildet und als Kristallisationspunkt im durch Objekte geprägten Kontext wirkt. Vor- und Rücksprünge markieren Eingangssituationen und Passagen, die durch hölzerne Auskleidungen nobilitiert sind und dem Block eine Durchlässigkeit und Luftigkeit verleihen. Die architektonische Anmutung ist eher einfach und von der Wirtschaftlichkeit geprägt, wie auch an manchen Stellen die Grundrissdisposition einer rationalen Erschließungslogik geschuldet scheint. Dennoch schaffen es die Architekten, unter Einhaltung sehr niedriger Baukosten, mit dem Einsatz hochwärmedämmender Ziegel einen KfW-55-Standard zu realisieren. Aber die Mischung stimmt, und sie bestimmt den Charakter, der als Massivbau beispielhaft die Bautradition weiterschreibt. Die Jury möchte mit diesem Sonderpreis ausdrücklich nicht nur ein Objekt auszeichnen, sondern eine Haltung, ein Quartier als Ort des Zusammenlebens mit vielfältigen Nachbarschaften und unterschiedlichen Nutzungen.
Sonderpreis „Geschosswohnungsbau": Wohn- und Geschäftshaus ehem. Feuerwehrareal, Celle
Architekten: Lorenzen Mayer Architekten, Berlin
Bauherr: WWB Weser-Wohnbau Holding
Jurybegründung: Der Sonderpreis für „Geschosswohnungsbau" ging in diesem Jahr an Lorenzen Mayer Architekten aus Berlin für das Gebäudeensemble aus zwei Wohn- und Geschäftshäusern in der Altstadt von Celle, das auf die komplexen, städtebaulichen Rahmenbedingungen überzeugend reagiert. Die Neubauten ahmen, ohne historisierend zu werden, die kleinteiligen, mittelalterlich geprägten und denkmalgeschützten Fachwerkhäuser der Altstadt nach. Dabei gewinnen sie sowohl durch eine eigenständige Formen- wie auch Materialsprache. Dies gelingt nicht nur durch die Auflösung der Volumina in scheinbar einzelne Häuser, sondern auch durch die Wahl eines wassergestrichenen Ziegels im schleppenden Läuferverband, dessen Mehrfarbigkeit und Haptik die Fassaden lebendig erscheinen lassen. In der Qualität der Binnenräume und der Wohnungen setzt sich die beschriebene städtebauliche Qualität fort. Die Jury erkennt dem bezahlbaren Geschosswohnungsbau (ca. 900 Euro/m2 BGF, KG 300), der sich von der Maßstäblichkeit, Gliederung und Detaillierung vorbildlich in die kleinteilige städtebauliche Struktur einfügt und mit dem Bestand auf Augenhöhe kommuniziert, einen Sonderpreis an.
Sonderpreis „Bauen im Bestand": „Casa Rossa", Chemnitz
Architekten: bodensteiner fest Architekten BDA, München
Bauherr: Bodensteiner Fest Stroux GbR
Jurybegründung: Bodensteiner Fest Architekten aus München erhielten für die Revitalisierung des Wohn- und Geschäftshauses „Casa Rossa" im Chemnitzer Sonnenbergviertel den Sonderpreis „Bauen im Bestand". Eine Aufgabe, die für die Jury ein so wichtiges, sensibles Thema darstellt, dass es mit einem Sonderpreis bedacht wurde. Das nach einem beinahe 30-jährigen Verfallsprozess um 1910 errichtete Gebäude abzubrechen und die Baulücke mit einem Neubau zu schließen, wäre so viel einfacher und scheinbar effizienter gewesen. Stattdessen wurde das Gebäude von einem Team aus Architektenbüro und Investor gerettet und mit einem hohen Maß an Sensibilität renoviert. Auffällig ist gerade im Kontext der verputzten Nachbargebäude die Materialwirkung der puristisch sanierten Ziegelfassade: Unregelmäßigkeiten und die „Blessuren" des letzten Jahrhunderts wurden sichtbar belassen und - wo nötig - mit Originalziegeln ergänzt. Die Jury bewertet das Projekt als beispielhaft für den sensiblen und ressourcenschonenden Umgang mit einem im Grunde profanen Gebäudebestand und sieht hier insbesondere den Nachweis dafür, dass in dieser Aufgabe ein enormes ästhetisches Potenzial liegt.
Zehn Anerkennungen
Aufgrund der hohen Qualität einer Vielzahl der 145 Einreichungen entschied die Jury, die Anzahl der Anerkennungen in 2021 auf zehn auszustocken. Alle preisgekrönten Projekte - inklusive der zehn Anerkennungen, der Projekte aus der „Engeren Wahl" wie auch alle weiteren Projekte - sind auf www.deutscher-ziegelpreis.de ausführlich beschrieben.
Die zehn Anerkennungen erhielten folgende Projekte:
- Wernicke x Dietzig Architekten und Stadtplaner, München, für das Bürgerzentrum Möttingen
- Weinmiller Großmann Architekten für die „Genezareth-Kirche" in Aachen
- Hild und K aus Berlin für das Hotel „Werk 17" in München
- Diezinger Architekten (Eichstätt) zusammen mit Wilhelm Huber (Betzigau) für das Bayernkolleg Schülerwohnheim in Augsburg
- LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei aus Stuttgart für das „dialogicum", den Neubau Firmenzentrale dm-Drogerie in Karlsruhe
- Uwe Schröder, Architekt aus Bonn, für einen Hochzeitsturm in Plüderhausen
- SMAQ Architektur und Stadt (Berlin) für das Neue Wohnen an der Alten Döhrener Straße in Hannover
- Professur für Digitale Fabrikation gemeinsam mit der Professur für Entwerfen und Gebäudehülle an der TU (München) für das Projekt „Climate Active Bricks"
- Max Dudler, Berlin, für das Eisenbahnmuseum in Bochum
- Atelier Brückner aus Stuttgart für die „Wagenhallen" in Stuttgart
Die Übertragung der Veranstaltung sowie die ausführliche Dokumentation der prämierten Arbeiten als Broschüre wird auf www.deutscher-ziegelpreis.de präsentiert. Eine Wanderausstellung der preisgekrönten Arbeiten wird voraussichtlich ab dem Sommersemester an ausgesuchten Universitäten und Hochschulen gastieren.
Jurymitglieder:
Vorsitz: Dipl.-Ing. Volker Kurrle, harris + kurrle architekten, Stuttgart; Prof. Dipl.-Ing. Thomas Auer, TU München; Dipl.-Ing. Christine Degenhart, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer; Dipl.-Ing. Anne Kaestle, Duplex Architekten, Zürich; Prof. Dipl.-Ing. Jens Metz, HTW Saar; MinR&lsquot;n Christine Neuhoff, Leiterin des Referats Bauingenieurwesen, Nachhaltiges Bauen und Bauforschung im BMI, Berlin; Prof. Dr.-Ing. Robert Pawlowski, Hochschule Karlsruhe; Dipl.-Ing. Michael Pröll, Techn. Geschäftsführer, Ziegel Zentrum Süd e.V.
Presseinformation des Bundesverbands der Deutschen Ziegelindustrie e.V.